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Zerstrittenes Paar auf Parkbank

20. Juli 2025

Wenn Logik auf Emotion trifft

Warum ihr aneinander vorbeiredet und wie ihr wirklich zueinanderfindet

Inhalt

  1. Die unsichtbare Mauer zwischen zwei Liebenden
  2. Der stille Konflikt: Wenn Logik Gefühle nicht erreicht
  3. Die Reise in die emotionale Welt des anderen: Verständnis finden
  4. Liebe zeigen und verstehen: Mehr als nur fünf Sprachen
  5. Die Brücke bauen: Wenn Kommunikation allein nicht mehr hilft

Die unsichtbare Mauer zwischen zwei Liebenden

Kennst Du das? Ihr liebt Euch, aber in wichtigen Gesprächen redet ihr gefühlt aneinander vorbei? Du versuchst alles mit Logik und Fakten zu erklären, Dein Partner reagiert mit Gefühlen und Bedürfnissen. Es ist, als sprecht ihr völlig verschiedene Sprachen, und am Ende fühlt sich jeder missverstanden.

Dieses Phänomen begegnet mir in meiner Paartherapie-Praxis in München sehr oft: Ein rationaler Mensch trifft auf einen emotionalen Kommunikator. Was im Alltag zu kleinen Irritationen führt, kann in Krisenzeiten zu einer echten Belastung für die Paarkommunikation werden und die Partnerschaft auf eine harte Probe stellen. Doch es gibt einen Weg, diese Kluft zu überbrücken und wirklich zueinanderzufinden.

Der stille Konflikt: Wenn Logik Gefühle nicht erreicht

Dein Gefühl trügt Dich nicht. Wenn der eine Partner versucht, alles logisch zu erklären, kommt das beim emotionalen Partner oft nicht an. Und wenn der emotionale Partner versucht, über Gefühle und Bedürfnisse zu sprechen – was man doch so dringend braucht und fühlt –, versteht der rationale Partner es nicht wirklich.

In seinem Kopf sind Emotionen und Logik schwer vereinbar. Oft neigen rationale Menschen dazu, die Rolle der Gefühle ein wenig herunterzuspielen oder sie nicht so gut spüren zu können. Alles wird rationalisiert. Genau dieser Zustand führt sehr häufig zu Konflikten in der Partnerschaft.

Dabei entsteht auf beiden Seiten das Gefühl: „Ich sage doch klar und deutlich, was ich möchte/fühle! Warum versteht mich der andere nicht?“ Für den rationalen Partner mag das Reden über Gefühle manchmal sogar wie eine Art Manipulation erscheinen – nicht, weil es so gemeint ist, sondern weil unsere Art, mit Dingen umzugehen, stark von unseren Lebenserfahrungen und unserer Herkunftsfamilie geprägt ist.

Die Reise in die emotionale Welt des anderen: Verständnis finden

In meiner Praxis lege ich einen besonderen Wert darauf, diese emotionale Welt des anderen besser zu verstehen und einen Zugang dazu zu finden. Das bedeutet, wir tauchen ein in die Geschichten der Emotionen des jeweiligen Partners. Wir besprechen das so lange, bis wir ein klares Bild davon haben, wie zum Beispiel die Geschichte der Wut oder die Geschichte der Traurigkeit aussieht. Aber auch die Geschichte vom Zeigen der Liebe oder vom Gefühl der Angst und wie damit umgegangen wird.

Dabei gehen wir gemeinsam der Frage nach: Wie ist dieses Gefühl überhaupt entstanden? Woher kommt es? Wie wurde damit in der Herkunftsfamilie umgegangen? Durfte Wut gezeigt werden oder musste sie versteckt werden? Welche Ausdrucksmöglichkeiten gab es dafür? Und welche Reaktionen hast Du von Deinem Umfeld erhalten? War es okay, solche Gefühle zu spüren, oder musstest Du sie verbergen, um Konsequenzen zu vermeiden? Manchmal fangen Menschen an zu rationalisieren: „Ich darf das nicht zeigen, weil ich mich immer um meine Eltern kümmern musste, weil Mama traurig war...“

Genau durch dieses Verständnis lernen rationale Menschen, dass Gefühle einen wichtigen Platz im Leben haben, und emotionale Menschen erfahren, dass ihre Gefühle gesehen und gehört werden können, ohne sofort rationalisiert zu werden. Wenn der rationale Partner versteht, was hinter den Gefühlen des Partners steckt, kann er diese besser nachvollziehen und seine Logik einschalten, um zu erkennen: „Das ist gut für Dich“, oder „In solchen Situationen reagiert man auf eine bestimmte Art, das ist keine Manipulation, sondern vielleicht der Ausdruck eines Bedürfnisses, das Du alleine nicht stillen kannst.“

Liebe zeigen und verstehen: Mehr als nur fünf Sprachen

Ein weiteres wichtiges Thema ist, wie man Liebe eigentlich zeigt und ausdrückt. Einerseits haben wir das bekannte Modell der Fünf Sprachen der Liebe, das verschiedene Arten des Ausdrucks von Liebe darstellt. Andererseits stellt sich die Frage über die Herkunftsfamilie: War es überhaupt möglich oder gewünscht, Liebe auf irgendeine Art und Weise zu zeigen?

Genau hier können sich Partner gegenseitig besser verstehen lernen, ohne bestimmte Verhaltensmuster auf sich oder die aktuelle Beziehung zu beziehen. Der eine fühlt sich nicht genug geliebt, der andere weiß nicht, wie er es zeigen soll. Die Art und Weise, wie Dein Partner Liebe und Zuneigung zeigt, mag sich stark von dem unterscheiden, was Du gelernt hast oder erwartest. Vielleicht wurde Liebe in seiner Familie ganz anders ausgedrückt – durch Taten statt Worte, oder durch subtile Gesten statt offene Zuneigung.

Wenn der eine Partner Liebe so zeigt, wie er es selbst gelernt hat, und es beim anderen nicht ankommt, weil dieser es anders gelernt hat oder gar keine „Liebessprache“ in seiner Herkunftsfamilie existierte, dann führt das oft zu Frust. Es hilft ungemein, diese Logik und emotionalen Informationen miteinander zu verbinden und zu verstehen, wie und warum die Liebe auf eine bestimmte Weise gezeigt wird. Das zeigt aber auch, dass das Sprechen verschiedener „Dialekte der Sprache der Liebe“ und damit einhergehender Frust nichts damit zu tun haben, dass sich die Partner gar nicht lieben würden, oder es nicht „stark genug probieren“ würden.

Die Brücke bauen: Wenn Kommunikation allein nicht mehr hilft

Wenn einer von Euch jedoch festgefahren ist – der eine in seiner rationalen Logik, der andere in seiner Emotionalität –, dann ist dies ein großer Nährboden für Konflikte und Missverständnisse. Das Problem in dieser Situation ist, dass selbst bewährte Kommunikationstechniken, wie die der gewaltfreien Kommunikation (GFK) oder das bloße Formulieren von Wünschen und Gefühlen, oft nicht greifen.

Warum? Weil der rationale Partner diese Gefühle und Bedürfnisse nicht richtig verstehen oder sogar als Manipulation bewerten könnte, wenn ihm der emotionale Hintergrund fehlt. Die GFK läuft ins Leere, wenn die Brücke zur emotionalen Welt des anderen fehlt.

Deswegen lege ich in meiner Paarberatung und Paartherapie einen besonderen Wert darauf zu schauen, wie emotional reif der Umgang mit Emotionen bei jedem Partner ist. Besteht eine sogenannte „emotionale Kluft“ – also ein unterschiedlicher Zugang und Umgang mit Emotionen und Logik? Wenn ja, dann lohnt es sich, genau dieses Thema intensiv anzuschauen und zu versuchen, eine Brücke zueinander zu bauen. Es geht darum, das „Wieso, weshalb, warum“ hinter dem Umgang mit Emotionen zu verstehen und zu erkennen, wie sich die Persönlichkeit jedes Einzelnen daraus entwickelt hat.

Gerade um diese Verbindung zueinander zu vertiefen und das Zusammenspiel von Emotionen und Rationalität zu verstehen, ist dieser tiefgehende Blick unglaublich wichtig. Wenn ihr als Paar alleine nicht weiterkommt, um diese Brücke zu schlagen, könnt ihr euch entweder meinen Online-Kurs „Paarkommunikation verbessern“ anschauen – denn manchmal reicht es tatsächlich schon, sich dieses Thema bewusst zu machen und daran zu arbeiten, um eine große Entlastung in der Beziehung zu spüren und viel besser miteinander kommunizieren zu können. Oder ihr könnt ein Erstgespräch bei mir buchen, um gezielt an diesem Thema zu arbeiten.

Julia Karrasch

Über die Autorin: Julia Karrasch

Julia Karrasch ist Paartherapeutin und Heilpraktikerin für Psycho­therapie mit Praxis in München. Sie ist spezialisiert auf Beziehungs­probleme in Familien mit Kindern. Regelmäßig schreibt sie dazu im Beziehungsblog, veranstaltet Seminare und hat die Online-Kurse „Paarkommunikation verbessern“ und „In 7 Tagen zu mehr Leichtigkeit in der Beziehung“ entwickelt. Privat ist sie seit über 18 Jahren glücklich verheiratet und hat zwei bezaubernde Töchter.

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