
Trennung der Eltern aus Sicht der Kinder und wie man sie dabei unterstützt
Eine Trennung und/oder Scheidung stellt im Leben der Familie eine große Herausforderung da. Kinder und Jugendliche sind dabei besonders stark betroffen. Die gewohnte Umgebung, die das Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit vermittelt, bricht plötzlich auseinander und die Kinder müssen mit einer völlig neuen Situation klar kommen. Die Eltern der Kinder sind ihrerseits oft mit der neuen Situation überfordert, das Leid bei allen Beteiligten ist groß. Sie müssen lernen den Alltag neu zu strukturieren und alleine/getrennt klar zu kommen. Hinzu kommen die Fragen der finanziellen Unsicherheit, was in einigen Fällen sehr belastend sein kann.
Das Leid der Kinder darf man aber nicht unterschätzen, da sie aufgrund Ihrer Abhängigkeit und ihrer Entwicklungs- und Bindungsbedürfnisse sehr verletzlich sind. Die Kinder werden mit einem neuen Alltag konfrontiert und stellen sich viele Fragen, wie z.B.:
- Wie oft und wann werde ich meine Mama und meinen Papa sehen?
- Wo wird mein künftiges Zuhause sein oder habe ich dann gleich zwei (oder gar keins)?
- Was sage ich meinen Freunden in der Schule? Kann ich überhaupt in meiner Schule bleiben und meinen Freundeskreis behalten?
- Trage ich Schuld an dem was passiert ist?
- Bin ich liebenswert?
- Muss ich mich zwischen Mama und Papa entscheiden?
- Was wird wenn meine Eltern neue Partner haben und vielleicht auch neue Kinder? Wird da noch ein Platz für mich sein?
Eine Trennung der Eltern geht für die Kinder (und natürlich auch die betroffenen Erwachsenen) mit dem Gefühl der Trauer einher. Trauer entsteht immer dann, wenn man einen Verlust (egal ob durch Tod, Trennung oder vielleicht auch Umzug) hat. Auch in der Trennungssituation werden Trauerstadien wie Schock, Verleugnung, Wut, Rückzug, Schuldgefühle, Verhandeln und Akzeptanz durchgemacht. Eine liebevolle Begleitung durch die Trauerphasen, deren Verständnis und das Ausleben (“es darf sein„) der jeweiligen Phase hat eine positive Auswirkung auf die Verarbeitung der Situation. Zudem kann es verhindern, dass die Trauer in ein Trauma übergeht. Wie gut die Kinder durch die Trennungs- und Scheidungsphase der Eltern durchgehen, hängt im wesentlichen davon ab wie gut man auf die Bedürfnisse der Kinder in der Phase eingeht und wie die Kinder begleitet werden. Es ist enorm wichtig für die Kinder einen Raum für die Äußerungen Ihrer Gefühle, Ängste und Fragen zu geben. Auch in der neuen Situation hilft es sehr, wenn die Kinder weiterhin das Gefühl der Sicherheit spüren können, wenn sie wissen, egal was ist, meine Eltern sind weiterhin für mich da und ich kann mich auf sie verlassen. Auf gar keinen Fall sollen die Kinder zum Spielzeug der Eltern gegeneinander mutieren, da dies negative Auswirkungen auf das Selbstwertgefühl der Kinder haben und für große Verunsicherung sorgen kann. Auch wenn die Familie auseinanderfällt ist es wichtig, dass die Kinder spüren, dass sie weiterhin Kinder sein dürfen und in ihrer Rolle bleiben können. Die Probleme der Erwachsenen bleiben bei den Erwachsenen, und es sind letztendlich die Eltern, die nach Lösungen suchen und diese anschließend umsetzen müssen. Wenn man das Gefühl hat, mit der Situation überfordert zu sein, kann eine professionelle Unterstützung oder ein Treffen mit Menschen in der gleichen Situation hilfreich sein.
Julia Karrasch, 16. April 2023