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10. Oktober 2025

11 effektive Wege aus dem Mental Load

So stärkst du eure Paarbeziehung trotz Kindern

Inhalt

  1. Was genau ist Mental Load?
  2. Der Kampf gegen die Zeit: Time Anxiety und der Zeigarnik-Effekt
  3. 11 effektive Wege, um den Mental Load zu reduzieren

Arzttermine vereinbaren, Geburtstagsgeschenke organisieren, Kinder zum Fußball bringen, das Meeting für morgen vorbereiten, Eltern anrufen, den Partner an den Geburtstag seines besten Kumpels erinnern, Kindergeburtstage organisieren...

Klingt bekannt? Diese Liste kann unendlich fortgesetzt werden. Und je mehr solcher unerledigten Aufgaben und To-Do-Listen du im Kopf hast, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass du von der sogenannten Mental Load Falle betroffen bist.

Was genau ist Mental Load?

Mental Load ist die unsichtbare Last im Familienalltag, die durch das ständige Denken, Planen und Organisieren entsteht. Es ist der Job, das Familienleben wie ein großes Projekt zu managen.

Wie der Bundesverband Equal Care es treffend definiert: Es ist die Verantwortung für das Organisieren von Haushalt und Familie, das Koordinieren und die Beziehungspflege. Es geht nicht nur ums Putzen (die sichtbare Arbeit), sondern darum, zu wissen, wann geputzt werden muss, was fehlt und wer es macht.

Diese Überflutung mit „Open Loops“ (offenen Schleifen) und Erinnerungen kann zu Müdigkeit, Energieverlust und erhöhter Reizbarkeit führen. Besonders Paare mit Kindern sind anfällig, weil zu den Aufgaben in der Partnerschaft und im Beruf unzählige kinderbezogene To-Dos hinzukommen.

In diesem turbulenten Alltag kommen noch die Aufgaben wie die Arzttermine vereinbaren, sich an alle Geburtstage und Familienfeste erinnern und Geschenke besorgen, Einkaufsliste erstellen, Urlaubsplanung, etc…. Wie lange kann man so einen Rhythmus aushalten?

Der Kampf gegen die Zeit: Time Anxiety und der Zeigarnik-Effekt

Manchmal hast du so viele Aufgaben, dass die Zeit einfach nicht ausreicht. Früh aufstehen, die Kinder pünktlich in die Kita bringen, zur Arbeit „rennen“, pünktlich Feierabend machen, die Kinder abholen, kochen, ins Bett bringen – und dann: weiterarbeiten.

Wer kennt nicht den Gedanken: „Ich wünschte, der Tag hätte mehr als 24 Stunden!“

Die bittere Wahrheit: Diesen Kampf gegen die Zeit kannst du nicht gewinnen. Dieses Gefühl des ständigen Zeitdrucks hat einen Namen: Time Anxiety (Zeitangst).

Die Zeitangst bezeichnet das anhaltende Gefühl der Furcht und Beklemmung, dass du deine Zeit nicht effektiv nutzt. So verspürst du den ständigen Zeitdruck, hast Angst, nicht alles zu schaffen, nicht perfekt oder nicht gut genug zu sein.

Hier kommt die Psychologie ins Spiel, genauer gesagt der Zeigarnik-Effekt:

  • Der Zeigarnik-Effekt beschreibt die Tendenz deines Gehirns, sich an unterbrochene, unerledigte Aufgaben besser und länger zu erinnern als an abgeschlossene.
  • Jede nicht erledigte Aufgabe erzeugt eine innere Spannung und belegt mentalen „Arbeitsspeicher“ – wie ein offener Tab im Browser.

Der Zusammenhang mit Mental Load ist klar: Dein Mental Load ist die Lawine aus Hunderten von offenen Schleifen. Der Zeigarnik-Effekt sorgt dafür, dass jede einzelne dieser Aufgaben ständig in deinem Kopf kursiert und dir die Energie raubt. Das ist der Grund, warum du selbst beim Einschlafen noch grübelst.

Wenn der Kopf ständig voll ist, weil du dich an alle Geburtstage, alle Termine und alle Geschenke erinnern musst, wird dieser Stress chronisch. Du opferst deinen Schlaf, deine wichtigste Regenerationsquelle, und dieser Mangel bringt deine Konzentration und deine Gefühle durcheinander. Dein Kampf gegen die Zeit geht nach hinten los.

Es ist höchste Zeit, diesen Kreislauf zu durchbrechen und den Mental Load gerecht zu verteilen, um eure Paarbeziehung zu stärken.

11 effektive Wege, um den Mental Load zu reduzieren

Diese 11 Strategien helfen dir und deinem Partner, die unsichtbare Last sichtbar zu machen und euch beide nachhaltig zu entlasten:

1. Die Aufgaben-Inventur: Alles sichtbar machen

Erstelle eine Inventarliste aller Aufgaben, die du erledigst oder für die du die mentale Verantwortung trägst. Trage auch die Aufgaben ein, an die du deinen Partner regelmäßig erinnern musst. Sichtbarkeit ist der erste Schritt zur Entlastung!

2. Prioritäten setzen: Weg mit „nice to have“

Überlege, welche Aufgaben 100 % wichtig sind und welche nur „nice to have“. Markiere letztere und streiche so viel wie möglich weg. Es ist nicht immer einfach, sich zu trennen, aber es reduziert deine mentale Last extrem. Denke daran: Weniger ist mehr.

3. Perfektionismus-Falle identifizieren

Überlege und halte schriftlich fest, wo überall du Perfektionsansprüche hast (Job, Familie, Beziehung) und was du alles dafür tun musst. Finde heraus, wo vielleicht „gut genug“ oder „mittel“ ausreichen würde. Dazu kannst du gerne meinen Reflexionsbogen zur Perfektionismusfalle nutzen.

4. Aufgabenverteilung mit dem Partner visualisieren

Jetzt folgt die Aufgabeninventur mit deinem Partner. Nutze visuelle Tools (wie das Kartenset von Fair Play oder eine einfache gemeinsame Liste). Wichtig ist: Definiert, wer die mentale Verantwortung trägt! Wenn du deinen Partner an den Arzttermin erinnern musst, bleibt die Last bei dir (Zeigarnik-Effekt!). Die Verantwortung muss zu 100% abgegeben werden.

5. Den Zeitdruck aktiv reduzieren

Wenn du zur Arbeit oder einer Verabredung aufbrichst, versuche nicht, in den letzten Minuten noch etwas zu erledigen. Gehe lieber 10–15 Minuten früher als notwendig aus dem Haus. Das reduziert deinen Stresspegel enorm und gibt dir Puffer für unerwartete Verzögerungen.

6. Kümmere dich um dich selbst — nicht nur um andere

Du weißt genau, was anderen guttut. Erinnere dich daran, dich selbst nicht an die letzte Stelle zu stellen. Wenn du gut für dich sorgst, hast du mehr Energie, um für die anderen da zu sein. Deine Bedürfnisse sind keine optionalen Extras.

7. Die Kunst des Nein-Sagens lernen

Lerne „Nein“ zu sagen zu Bitten oder Anfragen, die du gar nicht tun möchtest. Mache eine kleine Reflexionsübung: Wie geht es dir, wenn du Ja sagst? Wie geht es dir, wenn du dir vorstellst, Nein zu sagen und Zeit für dich zu haben? Spüre diese Reaktion in deinem Körper. Der Mut, Nein zu sagen, entlastet sofort.

8. Stressreduzierende Gespräche führen

Führe täglich sogenannte stressreduzierende Gespräche (stress reducing conversation) mit deinem Partner. Hier geht es darum, über externe Stressfaktoren (Job, Freunde) zu reden. Wichtig: Der Zuhörer muss die Seite des Partners einnehmen, bestätigen und nicht erklären oder relativieren. Dieses emotionale Auffangen stärkt eure Verbindung und reduziert den Stress enorm.

9. Für eigene Entspannung sorgen

Warte nicht, bis du komplett ausgebrannt bist. Dein Körper braucht eine Energiereserve, um den herausfordernden Alltag zu meistern, und diese baust du durch regelmäßige Entspannung auf. Finde deinen Weg: Meditation, Sport, Spazierengehen oder einfach ein heißes Bad.

10. Genug Schlaf als Priorität

Sorge dafür, dass du genug schläfst. Schlaf ist die wichtigste Regeneration deines Körpers. Wenn du Schlaf der Produktivität opferst, geht es im Nachhinein nach hinten los, denn dein Gehirn verliert an Konzentrationsfähigkeit und deine Gefühle geraten durcheinander. Sieben bis acht Stunden Schlaf sind die Batterie, die du täglich aufladen musst.

11. Alle „Open Loops“ auslagern

Führe einen Kalender oder ein Mini-Notizbuch, wo du alle To-Dos und „nicht zu vergessen“-Punkte aus deinem Kopf auf Papier (oder digital) bringst. Das entlastet den Kopf und gibt dir Energie-Kapazitäten frei. Wenn du nachts im Bett liegst und dir etwas einfällt: Steh kurz auf, schreibe es auf und gehe dann wieder beruhigt schlafen, denn der Zeigarnik-Effekt hat seine Aufgabe erfüllt, die Information ist sicher gespeichert.

Literatur

  1. The Fair Play Deck (A Couple's Conversation Deck for Prioritizing What's Important) von Eve Rodsky
  2. Time Anxiety: The illusion of urgency and a better way to live von Chris Guillebeau
  3. Das große Buch vom Schlaf von Prof. Dr. med Matthew Walker
  4. What makes love last von Dr. John Gottman
Julia Karrasch

Über die Autorin: Julia Karrasch

Julia Karrasch ist Paartherapeutin und Heilpraktikerin für Psycho­therapie mit Praxis in München. Sie ist spezialisiert auf Beziehungs­probleme in Familien mit Kindern. Regelmäßig schreibt sie dazu im Beziehungsblog, veranstaltet Seminare und hat die Online-Kurse „Paarkommunikation verbessern“ und „In 7 Tagen zu mehr Leichtigkeit in der Beziehung“ entwickelt. Privat ist sie seit über 18 Jahren glücklich verheiratet und hat zwei bezaubernde Töchter.

Bist Du bereit, die unsichtbare Last zu teilen und wieder als echtes Team zu funktionieren? Dann lass uns in einem Erstgespräch herausfinden, wie Du Deine Partnerschaft retten und die Leichtigkeit in Dein Leben zurückholen kannst.

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